Wenn das System versagt

Die Causa Kellermayr als Mahnmal für Gerechtigkeit und den Schutz unseres Gesundheitssystems

 

Der tragische Tod der oberösterreichischen Ärztin Dr. Lisa-Maria Kellermayr im Sommer 2022 hat Österreich erschüttert und eine Debatte über Hass im Netz, institutionelles Versagen und strukturelle Misogynie entfacht. Zwei Jahre später bleiben viele Fragen offen – nicht nur juristisch, sondern auch gesellschaftlich. Für plan:g ist dieser Fall ein Weckruf, der die Notwendigkeit betont, Gerechtigkeit, Gleichstellung und den Schutz von Gesundheitsarbeiter*innen in den Mittelpunkt zu stellen.​

 

 

Justizsystem: Wenn Schutzlücken tödlich werden

Dr. Kellermayr wurde monatelang Zielscheibe von Hassnachrichten und Morddrohungen, vor allem aus der impfgegnerischen Szene. Trotz mehrfacher Anzeigen und öffentlicher Warnungen blieb der Schutz durch die Behörden aus. Die Staatsanwaltschaft Wels stellte Ermittlungen ein, da sie keine inländische Gerichtsbarkeit sah. Erst nach ihrem Suizid wurde ein Verfahren wegen gefährlicher Drohung mit Selbstmordfolge eingeleitet.​

Diese Verzögerungen und juristischen Interpretationen werfen Fragen auf: Warum wurde der Schutz einer Ärztin, die sich für die öffentliche Gesundheit einsetzte, nicht priorisiert? Warum wurden die bestehenden Gesetze nicht konsequent angewendet, um sie zu schützen?​

 

Misogynie: Wenn Frauen im Gesundheitswesen doppelt gefährdet sind

Dr. Kellermayr war nicht nur Ärztin, sondern auch eine Frau, die öffentlich für Impfungen eintrat. Diese Kombination machte sie besonders angreifbar. Frauen im Gesundheitswesen sind häufig Opfer von Gewalt und Drohungen, sowohl online als auch offline. Die Ärztekammer Wien fordert daher verstärkte Gewaltschutzmaßnahmen in der Medizin.​

Zudem sind Frauen im Gesundheitssystem oft unterrepräsentiert in Führungspositionen, obwohl sie den Großteil des Personals stellen. Diese strukturelle Ungleichheit trägt dazu bei, dass ihre Anliegen und Bedürfnisse weniger Gehör finden.​

 

 

Gesundheitssystem: Wenn der Schutz der Helfenden fehlt

Ein funktionierendes Gesundheitssystem basiert auf dem Vertrauen zwischen Patient*innen und medizinischem Personal. Wenn Ärzt*innen wie Dr. Kellermayr nicht ausreichend geschützt werden, leidet dieses Vertrauen. Die Folge ist eine schleichende Erosion des Gesundheitssystems, in dem sich Fachkräfte nicht mehr sicher fühlen und Patient*innen die notwendige Versorgung nicht erhalten.​

Die Ärztekammer Wien warnt vor zunehmender Gewalt in Ordinationen und fordert Maßnahmen zur Verkürzung von Wartezeiten und zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen. Ein Gesundheitssystem, das seine Mitarbeitenden nicht schützt, gefährdet letztlich die Versorgung der gesamten Bevölkerung.​

 

 

plan:g: Für ein gerechtes und sicheres Gesundheitssystem

Als Organisation, die sich für globale Gesundheit und Gerechtigkeit einsetzt, sieht plan:g in der Causa Kellermayr einen dringenden Handlungsbedarf. Es braucht strukturelle Veränderungen, um Frauen im Gesundheitswesen zu schützen, Hass im Netz konsequent zu verfolgen und das Vertrauen in das Gesundheitssystem wiederherzustellen.​

Der Fall Dr. Kellermayr ist ein Mahnmal dafür, was passiert, wenn Systeme versagen. Es liegt an uns allen, dafür zu sorgen, dass sich solche Tragödien nicht wiederholen.

 

 

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