Welt-TB-Tag 2021

Die Stopp-TB-Initiative der Weltgesundheitsorganisation macht seit 2018 zum Welt-Tuberkulosetag am 24. März mit der Aktion „Light up the World for TB“, der roten Beleuchtung prominenter Bauwerke, auf die Tuberkulose (TB) aufmerksam. plan:g, seit 2013 Teil von Stop-TB, beteiligt sich alljährlich an der Aktion. In Vorarlberg leuchtet heuer jedoch kein Gebäude in Rot, sondern eine Kuh.

Denn TB (früher auch TBC) ist eine Zoonose. Zoonosen sind Infektionskrankheiten, die zwischen dem Menschen und anderen Wirbeltieren übertragen werden können. Auch COVID-19 ist eine Zoonose. Zoonosen können jedoch nicht nur durch Viren übertragen werden: So ist der Haupterreger der TB ein Bakterium, das Mycobacterium tuberculosis. Tollwut, Pest oder Lepra sind andere bekannte bakterielle Zoonosen.
TB ist die für den Menschen mit Abstand tödlichste bakterielle Infektionskrankheit. Nach Angaben des Welt-TB-Berichts der Weltgesundheitsorganisation (WHO) erkrankten 2019 etwa 10 Millionen Menschen an TB.  Knapp eineinhalb Millionen Menschen starben.

Weltweit ist TB vor allem für sehr arme, entkräftete Menschen eine Bedrohung. An TB erkranken Menschen mit einem geschwächten Immunsystem. Deshalb sind Patient*innen mit HIV/AIDS besonders betroffen. In Österreich haben ältere Menschen ein höheres Risiko, an TB zu versterben.

Planetare Gesundheit im Anthropozän

Das Anthropozän bezeichnet eine völlig neue geochronologische Epoche – so wie Jura, Kreide, Tertiär und Quartär. Im Anthropozän sind wir Menschen zu einem der wichtigsten Einflussfaktoren auf die biologischen, geologischen und atmosphärischen Prozesse unserer Erde geworden: Wir sind eine Naturgewalt – die in rasender Geschwindigkeit allergrößte Schäden anrichtet. Eine Folge sind Krankheiten.

TB betrifft die Schwächsten und damit nicht nur das Verhältnis des Menschen zu seiner Umwelt, sondern Fragen des sozialen Miteinanders. Auf die Verbindung der Umwelt- und der sozialen Frage mit einer erneuerten christlichen Anthropologie machte Papst Franziskus schon 2015 in seiner Umweltenzyklika Laudato si‘ aufmerksam. Papst Franziskus erweiterte damit die katholische Soziallehre um eine ökologische Dimension.

Darum zeigt plan:g das Bild der Kuh und macht auf das Konzept der planetaren Gesundheit aufmerksam. Ziel des Ansatzes ist die bestmögliche Gesundheit von Mensch, Tier und Umwelt. Dabei gehören die lokale, die nationale und die globale Ebene zusammengedacht. Das ist eine Idee, die auch Papst Franziskus in seiner päpstlichen Enzyklika Laudato si' („Gelobt seist Du“, die „Umweltenzyklika“ von Papst Franziskus aus dem Jahr 2015) stark gemacht hat. Die Gesundheitswissenschaften und der Papst betonen, wie eng alle Wesen auf unserem Planeten miteinander verbunden sind – eine Schöpfung, die sich im Anthropozän in nie dagewesener Geschwindigkeit entleert.

Perspektiven wechseln: mehr Geschlechtergerechtigkeit macht gesünder

Wieso haben wir den Planeten, auf dem wir wohnen dürfen, so krank gemacht? Was hat der Mensch für eine Beziehung zur Umwelt? Wieso ist diese Beziehung derartig aus dem Gleichgewicht geraten?

Wesentlich dürfte die Beziehung des Menschen zu sich selbst sein. So hat der Papst bei ökologischen Themen weit vorgedacht. Sehr viel schwerer tut sich das Lehramt jedoch damit, Machtbeziehungen in der Kirche, zwischen Menschen wahrzunehmen und zu verändern. Das betrifft vor allem Fragen der Geschlechterbeziehungen. Viele meinen: Bei moraltheologischen Positionen zur Sexualität verweigert sich das kirchliche Lehramt wissenschaftlicher Erkenntnis.

Die jahrhundertelange – auch durch kirchliche Positionen legitimierte – Diskriminierung von Frauen hat Konsequenzen. So weist Österreich EU-weit einen der größten Lohnunterschiede zwischen Frauen und Männern auf (Gender Pay Gap Österreich: 20,4 %, EU-Durschnitt: 15 %). Schon das zeigt: Selbst in den entwickelten Staaten dieser Erde ist das Thema Geschlechtergerechtigkeit von zentraler Bedeutung. Geschlechtergerechtigkeit ist wichtig für unsere Gesellschaft und unsere Kirche – und weil es um Gerechtigkeit geht, sehr wichtig für die menschliche Gesundheit.

Ein häufiges Gegenargument ist, dass Frauen zumindest in Österreich eine höhere Lebenserwartung als Männer haben. Das ist richtig. Jedoch ist nicht jede gesundheitliche Ungleichheit ungerecht. Das Menschenrecht auf bestmögliche Gesundheit wird dann verletzt, wenn gesundheitliche Ungleichheit durch ungerechte Zugänge oder eine ungerechte Verteilung entstehen. Der Gender Pay Gap zeigt eindrücklich, wie stark Frauen davon selbst in Österreich betroffen sind. Faktoren wie z. B. Einkommen und Bildung haben auch unabhängig von Gesundheitsfragen eine Bedeutung für die soziale Gerechtigkeit insgesamt.

Darum ist die Geschlechterforschung über die Gesundheitswissenschaft hinaus von enormer Bedeutung: Sie erforscht das Verhältnis der Geschlechter zueinander, unterschiedliche Geschlechterrollen oder die soziokulturelle Geschlechterordnung. Eine solche Forschung kollidiert mit dem Bild patriarchaler Machtstruktur, in der die Kinder ihrer Mama folgen, diese ihrem Mann, dieser der Obrigkeit – einem System, das Kirche mitbegründet und in dem sie sich gut eingerichtet hatte. Dieses System wankt, findet innerhalb und außerhalb der Kirche jedoch auch erbitterte Verteidigung. Es geht um Identitäts- und Machtfragen.

Gender-Ideologie?

Um die Diskussion um die vermeintliche „Gender-Ideologie“ zu versachlichen, hat plan:g einen Aufsatz des Wiener Ethik-Theologen Prof. Dr. Marschütz aufgelegt, der dazu anregt, kirchliche Perspektiven zu überdenken und eine neue Sicht auf die Geschlechtlichkeit und die sozialen Beziehungen des Menschen einzunehmen.

Der ideologiekritische Ansatz von Prof. Dr. Marschütz analysiert schwarz-weiße Zerrbilder einer komplexen Wirklichkeit. Diese gilt es zu verstehen, um sie gestalten zu können. In einer sich verändernden Welt ist die Abkehr vom Gewohnten nötig. Das ist möglich: In der Fastenzeit zwingen die vor den Altären aufgespannten Fastentücher viele Kirchenbesucher*innen zu einem „Fasten der Augen“. Die gewohnte Perspektive fehlt. Wir nehmen Neues wahr, auch die Orgel spielt nicht mehr so wie sonst. plan:g hofft, dass der kleine Text von Prof. Dr. Marschütz so wirken kann.

Jenseits des biologischen Geschlechts?

Madonna

Um auf notwendige Perspektivenwechsel aufmerksam zu machen, zeigt plan:g zum Welt- TB-Tag das Bild der Kuh. Thema ist die planetare Gesundheit, die durch eine „falsche Anthropologie“ (Papst Franziskus) zerstört worden ist. Vielleicht lässt sie sich durch ein anderes Verhältnis von Mensch zur Natur und von Mensch zu Mensch wenigstens ein stückweit wiederherstellen – dazu gehört das Wahrnehmen der in Gottes Schöpfung angelegten biologischen und sexuellen Vielfalt tierischer und menschlicher Sexualität.

Darum illustriert plan:g den Titel der Marschütz-Broschüre mit dem Bild der Schwarzen Madonna von Częstochowa mit dem Regenbogen-Nimbus, der „Regenbogen-Madonna“. 

Auch dieses Bild ist ein Angebot zum Wechseln von Perspektiven. Ein Bild mit Geschichte: Im zentralpolnischen Płock war 2019 ein Ostergrab mit der Überschrift „Behüte uns vor dem Feuer des Unglaubens" errichtet worden. Gebetet wurde gegen Gier und Verrat, aber auch gegen Homo-, Bi- und Transsexualität und „Gender“. Daraufhin hatte Elżbieta Podleśna gemeinsam mit zwei anderen Aktivistinnen Bilder der Schwarzen Madonna mit Regenbogen-Nimbus verteilt. Die katholische Kirche Polens und die nationalkonservative Regierung hatten das als „Schändung des heiligen Gnadenbildes“ verurteilt; Innenminister Joachim Brudzinski sah eine „kulturelle Barbarei“.

Mit starken Worten, Diffamierungen und Verfolgung werden sich jedoch weder die Diskussionen um die (auch auf Christus zurückzuführenden) Menschenrechte noch die wissenschaftliche Erkenntnis über das soziale und (im christlichen Glauben gottgewollte und gottgeliebte) biologische Sein des Menschen vermeiden lassen: auch nicht durch die „Antwort auf einen Zweifel“ (Responsum ad dubium), ein vorläufiges Machtwort der Glaubenskongregation, das am Leben vorbei geht und die überfällige Diskussion um das auch sexuelle Wesen des Menschen nicht wird beenden können.

Danke für Ihre Nachfragen – plan:g geht weiter neue Wege

An der inhaltlichen Ausrichtung und der plan:g-Strategie hat sich mit dem Ausscheiden Pfr. Edwin Matts aus dem plan:g-Stiftungskuratorium nichts geändert. Pfr. Edwin wollte Raum für noch mehr Fachlichkeit und mehr Leitung durch Frauen ermöglichen. Dem sind wir weiterhin verpflichtet. 

Die kirchliche Entwicklungszusammenarbeit in der Diözese Feldkirch ist insgesamt in einem Um- und Aufbruch. Die Veränderungen bei plan:g sind in diesem Zusammenhang zu sehen, der Weiterentwicklungsprozess wird uns sicher noch im ganzen Jahr 2021 begleiten. Aber mit Ihrer Hilfe findet unsere Arbeit zu immer besseren Formen. Dafür danken wir herzlich. 

 

Was Sie tun können: Bitte verteilen Sie die plan:g-Broschüre zum Antigenderismus

In vielen Kirchen und Ordinationen hängen fünfmal im Jahr die plan:g-Poster und laden zum Nachdenken über Gesundheit in der Einen Welt ein. Heute bitten wir Sie, die plan:g Broschüre zum Antigenderismus auszulegen. Wenn Sie nachbestellen möchten oder Zugang zu einem öffentlichen Ort haben, wo das Heftchen Beachtung finden könnte, sprechen Sie uns bitte an.

Jenseits des biologischen Geschlechts?

Mit Ihrer Hilfe hat plan:g viel erreicht. Bleiben Sie uns gewogen: Lassen Sie uns Kirche entwickeln und Gesundheit ansteckend machen.

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