Der Erste Fall von COVID-19 in Wuhan, China, wurde im Dezember 2019 entdeckt. Das ist nun bald zwei Jahre her und veränderte den Alltag von Menschen rund um die Welt schlagartig. Seitdem hat sich im Umgang mit diesem neuartigen Virus, das SARS-Cov 2 genannt wurde, einiges getan, vor allem in der Impfstoffentwicklung.
Auch wenn die Impfung nicht zu 100 % vor einer Ansteckung gerade mit der Deltavariante des Virus schützt, so schützt sie dennoch sehr gut vor schweren Verläufen, vor langfristigen Folgen (Long Covid) und dem Tod an der Erkrankung. Das sind keine schlechten Aussichten, da nachweislich durch die Impfung Menschenleben gerettet werden können. Davon tragen jedoch nur ausgewählte Menschengruppen einen Nutzen, die meisten davon im so genannten „globalen Norden“.
Während wir in Österreich nun an einem Punkt angekommen sind, wo die Impfstoffverfügbarkeit nicht mehr das größte Problem der stagnierenden Impfquote ist, sondern die Impfbereitschaft der Bevölkerung, sieht das in unseren Partnerländern ganz anders aus. Dort ist nicht die Bereitschaft der Bevölkerung sich impfen zu lassen das Problem, sondern der Mangel an verfügbaren Impfstoffen.
Österreich hat mittlerweile eine Durchimpfungsrate (Personen, die vollständig geimpft sind) von 60 %, in Palästina sind dies nur 13 %, in Kenia 1,6 %, im Sudan 1,3 %, in Uganda 0,9 % und in Tansania sogar nur 0,6 % (Stand Oktober 2021)
Anfang Oktober 2020 haben Südafrika und Indien einen Antrag bei der Welthandelsorganisation (WTO) eingereicht, welcher den Verzicht auf einige Bestimmungen im so genannten TRIPS-Abkommen fordert. Unter anderem sollen verschiedene Arten geistiger Eigentumsrechte (Patentrechte und bestimmte Geschäftsgeheimnisse) für mindestens drei Jahre ausgesetzt werden. Das TRIPS-Abkommen ist eines der drei rechtlichen Säulen der WTO (GATT, GATS, TRIPS), und definiert Standards bezüglich dem Gewähren und Durchsetzen von Rechten an geistigem Eigentum. Dazu gehört eben auch das Patentrecht. Ein Patent gewährt dem/der Inhaber*in die ausschließliche Nutzung eines Erzeugnisses oder Verfahrens für üblicherweise 20 Jahre und kommt in allen möglichen Branchen vor. Ein gängiges Argument gegen das Aussetzen der Patentrechte ist, dass sich die Inhaber*innen dieses Recht und die damit verbundenen Einnahmen wohl verdient haben. Das ist jedoch in einigen Bereichen nicht so, wie eben auch bei Medikamenten und Impfstoffen. Die Grundlagenforschung für diverse Medikamente passiert in den meisten Fällen an staatlichen Einrichtungen, wie Universitäten und wird demnach durch Steuergelder, also von der Bevölkerung finanziert. Die Einnahmen, die Pharmakonzerne mit den Impfstoffen erlangen, übersteigen bei Weitem die Ausgaben, die für die Entwicklung und Zulassung ihrerseits nötig waren. Die Nichtregierungsorganisation Attac hat die gängigsten Gegenargumente zum Aussetzen der Patentrechte aufgenommen und kommentiert.
Die momentane Strategie Europas im Umgang mit der ungleichen Impfstoffverteilung ist das Spenden von Impfstoffen an betroffene Länder mit unzureichendem Zugang zu Impfstoffen. Dass dieses System nicht und vor allem nicht schnell genug funktioniert, sehen wir an den oben genannten Impfquoten. Die Anzahl der gespendeten Impfstoffe ist viel zu gering um einen signifikanten Fortschritt in unseren Partnerländern zu erreichen.
Zudem führt die unzureichende Impfquote dazu, dass das COVID-19 Virus im globalen Süden weiter mutieren kann und daher das Risiko einer noch gefährlichen Variante zunimmt. Diese etwaige Mutationsform kann sich dann global ausbreiten und erstickt die Versuche der Eindämmung der Pandemie. Egoistisches Handeln des globalen Nordens kann sehr schnell zu einem Boomerangeffekt führen. Globale Solidarität hingegen nützt allen.
plan:g steht außerdem dem Wohltätigkeitsaspekt solcher Spendenaktionen sehr kritisch gegenüber. Länder wie Österreich ruhen auf dem Gefühl, ihren Beitrag zu leisten, ohne wirkliche Veränderung anzuregen. Das Machtgefälle zwischen Europa und unseren Partnerländern bleibt erhalten. Es ist nun endlich an der Zeit, diese Abhängigkeitsverhältnisse zu überwinden und auf globaler Ebene zeitnah einen guten Umgang mit dieser Pandemie und anderen Infektionskrankheiten zu finden. Ein Virus kennt keine Grenzen. Unsere Lösungsstrategien sollten das auch nicht.
Gerne verweisen wir Sie auf eine europäische Bürger*inneninitiative, die bei der Europäischen Kommission eingereicht wird und fordert, dass alle Menschen der Welt den gleichen Zugang zu Impfungen und Medikamenten gegen COVID-19 erhalten. https://noprofitonpandemic.eu/
Denn das Menschenrecht auf Gesundheit muss wichtiger sein, als das Recht auf geistiges Eigentum und Profit.